ÖLV: "Wahl" mit Bauchweh? Ist das der notwendige Neustart???

Am Samstag, 19.11., ist also ein „außerordentlicher Verbandstag“ des ÖLV.

 

Wesentlicher Programmpunkt dürfte sein, dass die interimistische Präsidenten-Funktion von Sonja Spendelhofer bestätigt wird, wodurch sie im kommenden März beim „ordentlichen Verbandstag“ mit dem gesamten Präsidium zur Wahl stehen wird.

 

Die Statuten des ÖLV sehen vor, dass ein Präsident von den Landesverbands-Präsidenten gewählt wird. Einigen sich diese im Vorfeld auf einen Kandidaten, kann man sich die „Wahl“ eigentlich sparen. Ähnliches gab es zuletzt bei der BSO, wo man sich auch im Vorfeld auf einen Kandidaten (Hundstorfer) einigte, der dann „gewählt“ wurde, was wohl zu Recht zu massiver Kritik geführt hat, v.a. weil das parteipolitische Element in diesem Fall kaum glaubwürdig geleugnet werden kann.

 

Wie kam es nun dazu, dass man sich auf Sonja Spendelhofer an der Verbandsspitze geeinigt hat?

 

Nach dem faktisch erzwungenen Rücktritt von Ralph Vallon (nach seiner Darstellung natürlich ganz freiwillig, weil er eigentlich eh schon alles erreicht hat, siehe HIER) übernahm Sonja Spendelhofer als 1. Vizepräsidentin (es gibt deren vier) als geschäftsführende Vizepräsidentin die Verbandsgeschäfte. Den Bestimmungen entsprechend wurde eine dreiköpfige Wahlkommission gebildet mit dem Auftrag, Kontakt zu etwaigen Präsidenten-Kandidaten aufzunehmen und einen Wahlvorschlag zu erstellen. Da es sich bei der Präsidenten-Funktion um eine ehrenamtliche Tätigkeit (Spesenersatz) handelt, ist keine öffentliche Ausschreibung notwendig. Wahlkommissions-Mitglieder und Personen aus deren Umfeld nahmen mehrfach diskret Kontakt zu mir auf, um sich meine Meinung einzuholen, die ich klar deponiert habe. (Da innerhalb des ÖLV mails zirkulieren, die vor der gefährlichen Person Lilge warnen, ist das ohnehin ziemlich mutig ;-) )

 

Recht bald schwirrten ein paar Namen von Kandidaten durch die Szene, u.a. auch der eines ehemaligen (SPÖ-) Landeshauptmannes, als hätte die Parteipolitik nicht schon genug Schaden im Sport angerichtet. Die Aufgaben – aus meiner Sicht – des Präsidenten habe ich HIER bereits umrissen.

Der große Gönner der Leichtathletik, der garantierte Millionen einbringt, hat sich leider nicht gefunden, es ist eher die Frage: wer tut sich das an?

 

Einer, der es sich unter bestimmten Voraussetzungen gerne angetan hätte, ist Hannes Langer. Der Sportimpuls-Geschäftsführer ist kein Partei-Mann, sondern kennt die österreichische LA-Szene in- und auswendig, war selbst als Trainer in der gesamten LA-Bandbreite tätig (vom Spitzen-Mittelstreckler bis zum national besten Hochspringer), ist ausgebildeter Diplomtrainer, Veranstalter (u.a. Salzburg-Marathon), langjähriger VCM-Rennleiter und vehementer Dopinggegner, was heute nicht unwichtig ist. Er vermag im In- und Ausland zu repräsentieren und ist geübt im Umgang mit Medien. Mit seiner hohen Lauf-Affinität vermag er auch diese ca. 80% der ÖLV-Athleten gut zu vertreten. Er hat zuletzt am 5.11. den „ÖLV-Impulstag für Lauf-Events“ organisiert, wofür er von allen Seiten Lob bekam.

 

Hannes Langer schrieb deshalb selbst seine Visionen und konkreten Vorstellungen in einem Brief an die entsprechenden Stellen im ÖLV. Das war vielleicht ein taktischer Fehler, weil sich da gleich manche in ihren Positionen gefährdet sahen.

 

Am 22.10. gab es ein Treffen aller Landesverband-Präsidenten. Zuerst wollten zwei von ihnen (eher der Ex-Vallon Fraktion zuzurechnen) nicht kommen, aber dann reklamierte sich auch Generalsekretär Helmut Baudis mehr oder weniger gewaltsam ins Treffen hinein und die beiden anderen sagten ebenfalls zu. In dieser Runde einigte man sich darauf, dass man gar keinen Präsidenten „von außen“ (der früher aber schon eine Vorstandsfunktion innehatte) möchte und beschloss damit, dass der Kandidat Hannes Langer kein Kandidat sein darf. Etwas skurril mutet deshalb die Darstellung eines LV-Präsidenten in den letzten Tagen an, wonach es keinen anderen Kandidaten als Spendelhofer gibt - weil man eben keinen anderen Kandidaten zulässt.

 

Wie auch immer: mit der morgigen „Wahl“ wird mit Sonja Spendelhofer sicher eine gut geeignete Kandidatin an die Spitze des ÖLV gehoben. Sie vermag in der gegenwärtigen Situation mit Menschlichkeit und Empathie vorläufig sicherlich die Wogen zu glätten. Ob damit auch schon ihre eigentliche Präsidenten-Wahl für den März vorweggenommen wird, wird sich zeigen. Ein etwas schiefes Licht auf die personelle Führung wirft allerdings der Umstand, dass dann Präsident (Spendelhofer) und Generalsekretär (Baudis) nicht nur aus der gleichen politischen (ASKÖ-) Ecke, sondern sogar vom gleichen Verein kommen. (ATSV OMV Auersthal)

 

Aber wie in der Politik: an den Taten sollt ihr sie messen!

 

Die wichtigste Tat eines ÖLV-Präsidenten (wer auch immer das sein mag) müsste jetzt sein alle, die etwas einbringen wollen, ins Boot zu holen, an die richtigen Stellen zu setzen und die Interessen von Sportlern, Trainern und Funktionären glaubwürdig zu vertreten. Ex-Präsident Vallon hat ein verhängnisvolles Erbe hinterlassen. Noch in seiner Amtszeit hat er Personalentscheidungen eingegleist, die schnellstmöglich überdacht und zum Teil rückgängig gemacht werden müssen. Es wäre in keinem Betrieb der Welt denkbar, dass der Chef als „Abschiedsgeschenk“ seine getreuen Vasallen unwiderruflich sozusagen als Stellvertreter einsetzt. (Dass Vallon in der übergeordneten Instanz BSO weiter vertreten ist, ist sowieso untragbar.) Oder anders ausgedrückt: wäre es vorstellbar, dass Barack Obama jetzt bestimmt, wer im Kabinett von Donald Trump Minister wird??? 

 

Der ÖLV muss als moderner Sportverband ein serviceorientierter Dienstleistungsbetrieb sein, wo die Fäden aller LA-Interessierten und Engagierten zusammenlaufen. Das erfordert auch, dass an den maßgeblichen Stellen integre Personen mit hoher sozialer und kommunikativer Kompetenz sitzen. Jeder Betrieb funktioniert dann am besten, wenn die Mitarbeiter dort eingesetzt werden, wo sie ihre Fähigkeiten am besten einbringen können.

 

Es gibt in ganz Österreich vielleicht 10 oder höchstens 20 Personen, die sich seit vielen Jahren mit der entsprechenden Kompetenz für die Leichtathletik engagieren. Von dieser kleinen Gruppe sind aber nur ganz wenige tatsächlich in die Verbandsarbeit eingebunden, auf einen großen Teil des Reservoirs verzichtet man leichtfertig, oder es haben sich diese selbst frustriert zurückgezogen. Es ist sträfliche Ressourcenverschwendung, wenn man auf einen erfahrenen und erfolgreichen Trainer wie Herwig Grünsteidl verzichtet (und Athleten quasi erpresst, sich andere Betreuer zu suchen), auf das know-how eines Hubert Millonig oder Edi Holzer oder anderer Heimtrainer (mit denen es null Kommunikation gibt) oder sich Erfolge im Nachwuchsbereich auf die Fahnen heftet, die eigentlich ihren Ursprung in den von Christian Röhrling (und Sascha Kratky u.a.) geschaffenen Strukturen haben. Aus dieser Förderschiene kommen übrigens auch Lukas Weißhaidinger und Ivona Dadic.

 

Ein wichtiger Punkt für den künftigen Präsidenten wäre weiters, dass mit etwaigen Doping-Altlasten endlich kompromisslos aufgeräumt wird. Funktionäre/Trainer/Ex-Sportler mit Dopingvergangenheit dürfen keine Verbandsfunktionen ausüben, Verdachtsfälle müssen geklärt werden. Alles andere wäre grob fahrlässig der aktuellen Athletengeneration gegenüber. Wenn in dieser Richtung bisher etwas verheimlicht wurde, kommt es gewiss irgendwann ans Tageslicht.

 

Im sportlichen Bereich muss die Strategie, alles auf 2-3 Spitzenathleten und bestimmte Orte (v.a. Südstadt) zu konzentrieren, schnellstmöglich geändert werden. (Ivona Dadic ist gerade von der Südstadt „geflüchtet“.) Die Leichtathletik kann an der Spitze längerfristig nur funktionieren und ist nicht auf Zufallsprodukte angewiesen, wenn die gesamte Bandbreite vom Nachwuchsbereich bis zum Masters-Sport und quer über alle Disziplinen und alle Leistungsstufen funktioniert und deren Leistungen entsprechend wertgeschätzt werden. Die Spitze sollte eben die Spitze einer Pyramide und nicht eines schiefen Turms sein, der im gesamten Sportgefüge mehr als wacklig dasteht.

 

Übrigens: vor einiger Zeit wurde angekündigt, dass bei der ÖLV-Sitzung im Herbst – also morgen - auch über den Antrag einer generellen Verlegung der österreichischen Crosslauf-Meisterschaften vom Frühjahr in den November entschieden werden soll. Wenn der Antrag durchgeht, wäre das ein Musterbeispiel, wie es NICHT funktionieren soll. Seit Februar 2016 hat es viele Besprechungen und Sitzungen zu diesem Thema gegeben, wobei nie die erfahrenen Trainer eingebunden waren, nur damit endlich einmal eine mehrheitliche Zustimmung erreicht wird. Ein Landesverbandspräsident meinte kürzlich sogar: „Ja, ich weiß eh, dass das ein Unsinn ist. Aber ich kann ja meinem Trainer nicht in den Rücken fallen, der das ganze initiiert hat. Also werde ich dafür stimmen…“

Der neue Präsident - oder die neue Präsidentin – kann bei diesem Thema also gleich beweisen, wie groß der Wille zu tatsächlichen positiven Veränderungen wirklich ist.

 

Anm: Siehe auch Meldung bei "hosl"

 

UPDATE 19.11.: Sonja Spendelhofer wurde heute von den LV-Präsidenten einstimmig als Präsidentin gewählt, wozu ich Sonja gratuliere!
Weiters freut mich, dass im obigen Beitrag ein Fehler enthalten ist: Ralph Vallon ist in der BSO nicht mehr vertreten. Also ein schöner Fehler.
Und nicht zuletzt: die Crosslauf-Meisterschaften bleiben im Frühjahr.

Also: ein guter Tag für die österreichische Leichtathletik. (und ein kleiner Stachel im Fleisch kann manchmal nicht schaden...)