Nach den Dopinganschuldigungen gegen Trainer Alberto Salazar (und den Athleten Galen Rupp) wird nun einmal das Umfeld von Mo Farah genauer untersucht. Der britische Verband UK Athletics will mit Hilfe medizinischer Untersuchungen (Anm: die die NADA/WADA/IAAF schon längst hätten durchführen lassen müssen) die Gewissheit haben, dass bei ihrem LA-Aushängeschild immer alles mit rechten Dingen zugegangen ist.
Wenn Salazar ein Vergehen nachgewiesen wird (derzeit sieht es sehr danach aus und Salazar hatte sich seinerzeit als Athlet mehrfach irgendwie gerade noch einem konkreten Dopingvergehen entziehen
können (es ging damals vor allem um die Prozak-Einnahme)), dann wäre Mo Farah jedenfalls Leidtragender, auch falls bei ihm zu 100% alles in Ordnung ist, wovon wir grundsätzlich
ausgehen, bevor es irgendwelche andere Hinweise gibt.
Deshalb sollten sich Spitzenathleten immer genau überlegen, mit wem sie sich einlassen, welche Personen im Umfeld tätig sind. "Wer sich mit Hunden ins Bett legt, darf sich nicht wundern, wenn er mit Flöhen aufwacht." Dieses Sprichwort bewahrheitet sich auch in diesem Fall.
In diesem Zusammenhang war es wohl nicht sehr klug, dass Mo Farah selbst erst vor kurzer Zeit ein Foto von sich beim gemeinsamen Training mit einem mittlerweile überführten Doper (Hamza Driouch) hat machen lassen, der in Insider-Kreisen als höchst verdächtig galt.
Jedenfalls hat Mo Farah, der bereits seit ca. einem Monat von den Vorwürfen gegen seinen Trainer weiß, kurzfristig seinen geplanten Start beim Meeting in Birmingham abgesagt und will in den USA "Antworten auf diese Fragen" bekommen.
http://www.bbc.com/sport/0/athletics/33045142
Auch orf.at berichtet: http://sport.orf.at/stories/2232590/
Eine sehr umfassende Aufbereitung (inkl. zum Teil interessanter Kommentare gibt es hier: https://www.propublica.org/article/former-team-members-accuse-coach-alberto-salazar-of-breaking-drug-rules
Alberto Salazar will Unschuld beweisen: http://www.handelsblatt.com/leichtathletik-doping-dopinganschuldigungen-farah-trainer-salazar-will-seine-unschuld-beweisen/11890986.html
Jetzt hegt anscheinend zunehmend auch Mo Farah Zweifel an der Integrität seines Trainers hinsichtlich Doping. Er hätte ihn beim Wechsel in die Trainingsgruppe von Salazar (Oregon Project) gefragt, ob er seinerzeit Trainer von Mary Slaney war, als diese 1996 (unter dem Mädchennamen Decker) positiv auf Testosteron getestet und in weiterer Folge gesperrt wurde. Zeitungen hatten damals berichtet, dass Salazar auch in ihrem Fall der zuständige Trainer gewesen sei. Salazar bestreitet dies nun in dieser Form und will, dass Mary Slaney dies bestätigt. Siehe: http://www.telegraph.co.uk/sport/othersports/athletics/11663953/Mo-Farah-coach-Alberto-Salazar-calls-on-Mary-Slaney-to-disprove-doping-slurs.html
Das sind alles noch keine Beweise, aber man kann wohl zumindest - auch unter Berücksichtigung anderer Aussagen wie z.B. der Ex-Salazar-Athletin Kara Goucher - zusammenfassen, dass sich die
Schlinge um Salazars Hals enger zieht.
Explizit sei noch einmal festgehalten, dass es gegen Mo Farah derzeit keinerlei Verdachtsmomente gibt, auch wenn sein Verhalten in manchen Fällen zumindest als etwas unklug bezeichnet werden kann. Das "System Salazar" steht aber fast symbolhaft für den (krampfhaften) Versuch, mit allen Mitteln - vor allem mit weißen Läufern wie dem Olympiazweiten Galen Rupp - in die Lauf-Phalanx der Kenianer und Äthiopier vorzudringen. Wenn sich am Ende des Tages ergeben sollte, dass das nicht nur mit Top-Technologie, viel Geld und unter Einbindung mehrerer Wissenschaftsbereiche möglich war, sondern auch Doping im Spiel war, kommt das einer Desillusionierung des Laufsports gleich.
Nun wurde auch berichtet, dass Mo Farah selbst - länger zurückliegend - zumindest 2 "missed tests" (verpasste Trainingskontrollen) aufzuweisen hat. Dabei muss man deutlich festhalten: ein verpasster Test ("missed test") sagt noch gar nichts, das ist auch schon anderen Sportlern passiert. Deshalb gibt es auch die Regelung, dass erst bei 3 "missed tests" innerhalb von 12 Monaten (seit 1.1.15 gültig, siehe auch http://www.nada.at/.../Infoblatt-WADC-2015-und-Novelle..., früher waren es 18 Monate, also wurde hier eine deutliche Aufweichung der Kriterien festgelegt) ein Verfahren eingeleitet wird.
Weiterer Bericht dazu in der offiziellen britischen Verbandszeitschrift: http://www.athleticsweekly.com/featured/fellow-athletes-put-mo-farahs-missed-drugs-tests-into-context-25577/
oder hier: http://www.theguardian.com/sport/2015/jun/18/mo-farah-fresh-questions-missed-drug-tests
Der Schweizer "Blick" ist zwar ungefähr so seriös wie "Österreich" oder "Heute", aber die Mosaiksteinchen ergeben ein Gesamtbild:
Alberto Salazar: "habe nichts mit Doping zu tun!"
Es möge sich jeder selbst ein Bild machen, ob die Stellungnahme/Rechtfertigung von Salazar am 25.6. plausibel erscheint: http://www.faz.net/aktuell/sport/sportpolitik/doping/startrainer-alberto-salazar-lass-die-hasser-hassen-13667985.html
Den ausführlichen Originaltext auf der Website des "Oregon Project" gibt es hier.
Für Mo Farah scheint diese Stellungnahme offensichtlich zu genügen. Er postet selbst am 26.6. auf Facebook:
"Following all the speculation I want to make it clear where I stand. Although it's been a difficult time, I asked Alberto to respond to the allegations made against him and he has now done so in full. As someone I've worked with for many years, I feel I have to believe in Alberto and the evidence he has provided. Based on that evidence, I will continue to work with him and hope now that I can focus on what I do best – training hard to win medals for my country.
Thanks"
Ein weiteres Interview mit Mo Farah: http://www.flotrack.org/coverage/251948-Track-Season-on-FloTrack-2015/article/32278-Mo-Farah-If-Nike-Oregon-Project-Allegations-True-Im-Out#.VZVBt0Qw_QE
Und nun die Antwort von Kara Goucher:
"Out of respect to my fellow runners celebrating their USA meet and teammates racing overseas, I delayed talking about this subject a couple weeks so that more positivity could be focused on
the amazing track performances in the US and abroad that deserve full attention.
I went public with the truth about what I experienced at the Oregon Project and under the coaching of Alberto Salazar last month because I believe in upholding the integrity of our sport, and I
wanted to confirm what I had already told USADA in 2013. What prevented me from coming forward in 2011 was fear of further retribution after already being suspended by Nike for giving birth to
our son. Regardless of Alberto’s expected attack on me and my family, I will continue to tell the truth and cooperate with USADA. Doing the right thing regardless of the fear of retaliation is
the only way that things are ever going to change in the fight for clean sport. My biggest hope in coming forward is that I encourage others to come forward and tell the truth as well.
Over the past several weeks, seventeen Oregon Project athletes and staff members have come forward to report what they saw during their time at the Oregon Project to the media, and since the USA
Championships last month, I know that the number of people who have come forward to USADA has grown. After going back and forth on deciding what to share, I have ultimately decided that it won’t
help the USADA investigation if I share any further evidence publicly, so any new knowledge will be shared to USADA alone.
I firmly stand by all my statements, and it was because of the illegal actions that occurred at the Oregon Project under Alberto Salazar that I chose to leave the group. The decision was mine,
and I never looked back.
This has certainly been a challenging time for my family and me, and it has taken some time to get the courage to stand up to some the most powerful people in USA running. As my fellow
competitors know, these issues run much deeper than just Alberto Salazar and include people that can make or break your career. But if multitudes can come forward as they have here, that shows
that runners hold themselves and the sport to a higher standard and I want to do everything I can to make sure it stays there. I am confident that this fight is exactly what our sport needs and
is long overdue. I will never regret speaking the truth and furthering the fight for clean sport. "
link zum Interview: http://www.flotrack.org/coverage/252246-USATF-Outdoor-Championships-2015/video/773997-Kara-Goucher-responds-to-Alberto-Salazars-statement#.VaaAhVMw89o
Für alle erwähnten Personen gilt die Unschuldsvermutung. Aktueller Stand des Beitrages: 15.7.15, wird laufend aktualisiert