Eine Olympiamedaille – der Traum jedes Spitzensportlers!
Der Traum von einer Olympiamedaille beflügelt tagtäglich viele Spitzensportler auf der ganzen Welt. Aber wie wichtig sind Medaillen für ein Land?
Medaillen lassen sich recht einfach zählen, wobei angesichts der stetigen Ausweitung der olympischen Sportarten (306 Bewerbe in Rio) ein gewisser inflationärer Aspekt nicht zu leugnen ist. Sind alle Medaillen, egal in welcher Disziplin, gleich viel wert? Das ist absolut realitätsfern und die relative Wertschätzung ist auch von Land zu Land verschieden. Es wird wohl begrenzten Widerspruch geben, dass ein Marathon-Olympiasieg mehr zählt als jener im Kleinkalibergewehr-Dreistellungsmatch. Manche Sportarten sind (fast) weltweit verbreitet, andere werden nur in ganz wenigen Ländern ausgeübt. Zum Beispiel gibt es Bobbahnen nur in neun Ländern der Welt ...
Wenn olympische Medaillen für ein Land tatsächlich so wichtig wären, müssten wir die Sportförderung auf ganz wenige Nischen-Sportarten über viele Jahre hindurch konzentrieren. Wollen wir das wirklich und deshalb andere Sportarten aushungern?
Das kann es wohl nicht sein. Es ist vielmehr so, dass der Medaillenspiegel sehr wenig über die Sportstrukturen und die Sportkultur eines Landes aussagt. Die Sportverantwortlichen müssen möglichst viele junge Menschen zum Sport bringen, Sport muss als aktive Gesundheitsvorsorgemaßnahme attraktiver werden, Spitzensport ist wegen der Vorbild- und Identifikationswirkung wichtig.
Der Aufschrei nach den medaillenlosen Spielen 2012 in London war groß, die Chance für sinnvolle Strukturreformen wurde aber verspielt.
Konkret gab es drei Konsequenzen:
- Alles wurde noch komplizierter und teurer, in der Verwaltung wurden neue Jobs geschaffen, die dem eigentlichen Sport weitere Mittel entziehen. Die neuen Gremien (Bundes-Sportförderungsfonds) wurden (partei-) politisch besetzt, die politisch ausgerichteten Dachverbände und Institutionen werkeln immer noch parallel.
- Der Nationalrat beschloss einstimmg (!) die Einführung der "täglichen Turnstunde", geworden ist daraus gar nichts. Man hat halt übersehen, dass es weder genügend Turnsäle noch Lehrer und vor allem kein Geld dafür gibt.
- Es gibt das Projekt „Rio 2016“, wo der damalige Sportminister insgesamt € 20 Millionen zusätzlich über vier Jahre bis zu den Spielen in Rio zusagte. De facto hat sich herausgestellt, dass das die unsinnigste Form der Sportförderung überhaupt ist. Gefördert wird u.a. auch ein Golfmillionär, der nachhaltige Nutzen ist Null. Nutznießer sind v.a. jene, die die besten Geschichten beim „hearing“ erzählten („Ich werde sicher Olympiasieger!“) und deren Fachverbände sich am meisten für die Sportler einsetzten.
Realistisch stehen wir nun drei Monate vor Rio mit weniger Medaillenhoffnungen als vor London da. Normalerweise "müssten" Lara Vadlau und ihre (eingebürgerte) Partnerin Jolanta Ogar eine Medaille im Segeln machen, alles andere wäre eine Überraschung. Kann sein, dass es letztlich fünf Medaillen werden, vielleicht aber auch gar keine. Dafür geben wir € 20 Millionen an Steuergeld aus?
Was hätte man sonst mit dem Geld machen können? Investitionen in zeitgemäße Sportanlagen (z.B. ein funktionelles Olympiazentrum Wien) hätten vielen Sportlern langfristig einen Nutzen gebracht. Man hätte auch ca. 300 Vollzeit-Trainer im Spitzen- und Nachwuchssport beschäftigen können. Damit hätte man einen Multiplikatoreffekt erzielt und nachhaltigen Nutzen geschaffen.
Also: Wir freuen uns, wenn "Österreich" in Rio Medaillen gewinnt, aber bitte nicht schlussfolgern, dass das irgendetwas über das Sportsystem in Österreich aussagt. Medaillen sind nicht so wichtig.
Anm: Dieser Beitrag ist in der aktuellen Ausgabe des "Laufsport-Magazins" erschienen, wo von mir auch in jeder Ausgabe ein Beitrag unter "quergeschrieben" veröffentlicht wird.