Andreas Vojta erreicht bei der heutigen Cross-EM die bisher beste Platzierung seiner Laufbahn!

Für Andreas Vojta war es heute in Samorin (SVK) bereits die 9. Teilnahme (in Folge) bei einer Crosslauf-Europameisterschaft. Für ihn war Cross nie das "Hauptfach", sondern als Mittelstreckler oder 5000m-Bahnläufer höchstens Mittel zum Zweck und eine harte, ehrliche Standortbestimmung im Saisonaufbau. Die Vorbereitungsrennen in Salzburg und Tilburg waren gut, auch wenn noch nicht ganz die Höchstform nach der verdienten Saisonpause da war.

 

Aber - frei nach Joki Kirschner - "die Form macht dann glücklich, wenn man drauf schaut, dass man sie hat, wenn man sie braucht". Das scheint irgendwie gelungen zu sein, denn heute lief der 28-jährige Andreas von Anfang bis zum Ende ein solides Rennen, wo er in der Schlussphase sogar noch einige Plätze gutmachen konnte und am Ende mit Rang 32 seine bisher beste Platzierung bei einer Cross-EM erreichte. Voriges Jahr erreichte er Platz 48 und der heutige Abstand auf den Sieger war mit 1:20 bei einer Distanz von 10180m relativ gering. Auf eine Top-20 Platzierung fehlten bei einer Laufzeit von 31:05 gerade 19 Sekunden, auf Top-10 waren es 47 Sekunden. Der stets selbstkritisch-realistisch einschätzende Andreas meinte nach dem Rennen: "Eigentlich wars  heute meine erste Cross-EM, wo ich nicht 8km lang gestorben bin. Hab sogar noch am Schluss ein gutes Gefühl gehabt und Druck machen können..."


Bei keinem Rennen im ganzen Leichtathletik-Jahr gibt es eine derartige Dichte wie beim Crosslauf, wo von den Mittelstrecklern bis zu den Marathonläufern und Crosslaufspezialisten alle aufeinander treffen. Im Rennen der Männer standen heute 79 Athleten am Start und so mancher national hoch gehandelte Athlet wurde bei einer Cross-EM schnell wieder auf den Boden der Realität zurückgeholt, das bewahrheitete sich auch heute wieder.

 

Andreas war damit auch einmal mehr bestplatzierter Athlet des ÖLV-Teams, das bei den Männern - abgesehen von Christian Steinhammer, der sich nach dem Frankfurt-Marathon noch im Aufbau befindet - in der bestmöglichen Zusammensetzung angetreten war. Valentin Pfeil war auf Rang 44 (22 Sekunden hinter Andreas) zweitschnellster Österreicher, Lemawork Ketema auf Rang 62 (58 Sekunden hinter Andreas) drittschnellster.

Die Strecke in Samorin auf dem beeindruckenden Gelände der neu errichteten "X-Bionic-Sportwelt" (= slowakisches Olympiatrainingszentrum) war trocken und flach, nur ein paar künstliche Hindernisse und Kurven dienten als Rhythmusbrecher. Leider war kein Wiener Sportpolitiker vor Ort, der sich ein Bild machen hätte können, wie ein zeitgemäßes Sportzentrum aussieht. Dabei hätte man gleich überlegen können, warum ein privater Investor lieber am Stadtrand von Bratislava (das durchschnittliche Pro-Kopf-Sozialprodukt liegt längst deutlich über jenem von Wien) und nicht am Rand von Wien seine Millionen investiert...

 

Leider war die sich innerhalb der Pferderennbahn hinschlängelnde Laufstrecke für die Zuschauer nur an den äußeren Rändern zugänglich. Hier offenbart sich - so wie auch bei der Antidoping-Politik oder der Haltung hinsichtlich Nationalitätenwechsel (Einkäufe...) - ein krasser Widerspruch zwischen Theorie und Praxis des Europäischen Leichtathletikverbandes. Erst gestern hat man in den Führungsgremien wieder betont, wie wichtig es sei die Bewerbe für die Zuschauer attraktiver zu gestalten, und am nächsten Tag lässt man die Zuschauer nicht zu den Athleten hin. (PS: die Fotos wurden deshalb hauptsächlich mit dem 600mm-Tele gemacht). 

 

Das ÖLV-Team war über alle Altersklassen (U 20, U 23, allgemeine Klasse) so groß wie noch nie, weil auch die Fahrtkosten ca. 70km von Wien vernachlässigbar waren. So nahe kommt eine Cross-EM sicher nie wieder an Wien. Alle Athleten, von denen viele wussten, dass sie dort eher im hinteren Drittel landen würden, gaben ihr Bestes und das sind eben unsere besten Läufer. Mit einer EM-Teilnahme haben sie niemandem etwas weggenommen - weil kritische Stimmen schon im Vorfeld zu hören waren.

 

Optimierungsspielraum gibt es natürlich beim Freunderlwirtschafts-Verein ÖLV, der zwar mit vielen Funktionären, Präsidentin und sonstigen Begleitpersonen angereist war, aber mit Karl Sander nur einen Lauftrainer mitgenommen hat. Den Trainern der besten Athleten hat man wieder einmal eine Akkreditierung verwehrt, die eine bessere Betreuung ermöglicht hätte.

 

Aber darüber aufregen bringt wohl so wenig wie über den Umstand, dass unsere besten zwei Athleten des heutigen Tages - Andreas Vojta und Valentin Pfeil - vor 3 Tagen von der Sporthilfe ein nettes Schreiben erhalten haben, indem sie darüber informiert wurden, dass sie nun wegen Perspektivlosigkeit aus dem Förderkader rausfliegen und von dort genau Null Unterstützung bekommen. Sportland Österreich... 

Kenianer werden wieder Europameister

 

Ach ja, "Europameister" wurden bei Männern und Frauen übrigens Kenianer, die für viel Geld (hauptsächlich an deren Manager) das Trikot der Türkei überstreiften. Die Frauensiegerin, die sich jetzt Yasemin Can nennt, hieß vor zwei Jahren noch Vivian Jemutei. Sie trainiert und lebt weiter in Kenia. Heute feiert sie ihren (angeblichen) 21. Geburtstag, d.h. sie wäre beim Rennen in Samorin noch in der U 23 Kategorie startberechtigt gewesen. Sie gewann vor Meraf Bahta aus Eritrea, die sich 2008 im Zuge eines Trainingslagers in Europa absetzte und Schwedin wurde.

 

Der Sieger bei den Männern, der sich jetzt Kaan Kigen Özbilen nennt, startet seit 2015 für die Türkei. Bis dahin hieß er Mike Kipruto Kigen.
Der zweitplatzierte Spanier Adel Mechaal, geboren in Marokko, durfte voriges Jahr wegen einer vorübergehenden Suspendierung wegen eines Verstoßes gegen die Antidoping-Bestimmungen nicht bei der Cross-EM starten. Bald darauf wurde die vorläufige Suspendierung aber wieder aufgehoben, weil seine Behauptung, dass zwei Verstöße gegen die Meldebestimmungen (ADAMS-Whereabouts) auf einem Systemfehler beruhten, glaubhaft erschien.

 

ERGEBNISSE der Cross-EM 2017